Die Vorfreude auf den "neuen" Klang wächst und wächst

Erstellt von Andreas Schoener | |   News aus dem Kirchenkreis

Freude und Dankbarkeit – zwei große Gefühle bewegen Irmgard Kröncke, Vorsitzende des Vereins zum Erhalt der Gloger-Orgel Otterndorf. Und den gesamten Vorstand gleich mit. Das lange herbeigesehnte Ziel ist in greifbare Nähe gerückt.

Wenige Tage vor der feierlichen Wiedereinweihung des fachkundig restaurierten Barock-Instruments – das größte seiner Art zwischen Elbe und Weser - ist Irmgard Kröncke mit Marianne Nietsche, Klaus Erbacher, Albert-Wilhelm Oest, Kai Rudl und Pastor Thorsten Niehus an diesem Oktobermorgen in die St.-Severi-Kirche gekommen. Sie alle, die sich ehrenamtlich für die rund 280 Jahre alte Gloger-Orgel eingesetzt haben und noch einsetzen, können es kaum abwarten, dass Kreiskantor Rudl am Sonntag, 20. Oktober, wieder alle 46 Register ziehen und die 2527Pfeifen beim Festakt ab 10.30 Uhr gewaltig zum Klingen bringen wird. „Es war ein langer Weg“, sagt Kröncke und lächelt zufrieden.
Vereintes Engagement fürs große Ziel auf vielen Ebenen
Knapp 13 Jahre sind vergangen, seit der Otterndorfer Kirchenvorstand im September 2011 den Beschluss gefasst hat, die von Dietrich Christoph Gloger 1741/1742 erbaute Orgel zu restaurieren. Knapp zwei Jahre später, am 4. April 2013, wurde der Verein zum Erhalt der Gloger-Orgel aus der Taufe gehoben. Ohne ihn wäre es wohl kaum möglich gewesen, die Restaurierung für insgesamt rund 1,8 Millionen Euro zu stemmen – trotz aller Mittel, unter anderem von der Evangelisch-lutherischen Landeskirche, der Kirchengemeinde St. Severi Otterndorf, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, des niedersächsischen Kultusministeriums oder der Bundesregierung, die mit ihrer Beauftragten für Kultur und Medien in eigene Fördertöpfe gegriffen haben.
Patenschaften für Orgelfpfeifen haben ordentlich geholfen
Apropos Geld: Im Laufe der Jahre haben die rund 90 Mitglieder des Orgelvereins bei privaten Sponsoren aus dem gesamten Bundesgebiet beharrlich finanzielle Unterstützung eingeworben fürs kulturhistorisch so bedeutsame Projekt unterm Kirchendach von St. Severi. Insgesamt mehr als 400.000 Euro sind – auch durch Orgelpfeifenpatenschaften, initiiert von Klaus Erbacher - zusammengekommen, damit die renommierte Fachwerkstatt von Hendrik Ahrend aus Leer die betagte Orgel in den Jahren 2022 und 2023 dann endlich auf Vordermann bringen konnte.
"Ein großer Schatz für die Region und die Stadt Otterndorf"
„Das ist wirklich ein wunderbares Glücksgefühl“, formuliert Irmgard Kröncke ihren Dank und ihre Begeisterung, als sie mit dem Vorstand über knarrende Holzstufen die Empore erklimmt. Ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter nicken zustimmend. Und zweite Vorsitzende Marianne Nitsche ergänzt: „Durch vereinten Einsatz haben wir es geschafft, dass diese Orgel – ein großer Schatz für die Region und die Stadt Otterndorf – schon bald wieder klangvoll begeistern kann.“
"Ein Wunder, dass es tatsächlich gelungen ist..."
Auch Pastor Thorsten Niehus ist entzückt. „Mit der Restaurierung endet der lange Dornröschenschlaf eines bis dahin gefährdeten und in seiner akustischen und optischen Pracht kaum noch wahrzunehmenden Zeugnisses überlieferter Orgelbaukunst in der Tradition Arp Schnitgers, Matthias Dropas und anderer Meister.“ Für den Gottesmann ist es „ein Wunder, dass es tatsächlich gelungen ist, das Instrument für 1,8 Millionen Euro zu retten und die St. Severi-Kirche für weitere 1 Million Euro so zu restaurieren, dass die Orgel vor erneutem Verfall durch Feuchtigkeit geschützt wird“. Ehrfürchtiger Dank sei deshalb all jenen gewiss, „die sich in der Vergangenheit immer wieder großzügig gezeigt hätten, die ihr Geld und ihre Lebenszeit für den Erhalt der Gloger-Orgel gespendet haben“.
Kreiskantor wird wieder alle Register ziehen
Nicht zuletzt ist Kreiskantor Kai Rudl - er wird das Instrument bei der Wiedereinweihung am 20. Oktober spielen - hin und weg angesichts der Möglichkeiten, die ihm nach der gründlichen Sanierung jetzt zur Verfügung stehen. „Es ist gerade so, als ob man einen ungeschliffenen Diamanten in seiner ursprünglichen Form zum Strahlen bringt“, sagt der 65-Jährige. Er hat Platz genommen vor der Orgel, zieht ehrfürchtig die Register rechts und links, fühlt sich schon mal konzentriert ein ins braun-schwarze Tastenwerk, das da unterm polierten „Pfeifenwald“ auf seinen ersten offiziellen Einsatz seit der Sanierung wartet. Welche Werke er am großen Festtag spielen wird, will Rudl nicht verraten. Das ist eine Überraschung, die nicht nur Einheimische, sondern auch Besucher aus allen Teilen Deutschlands erwartet.
An der Empore in der St.-Severi-Kirche wird noch gearbeitet
Damit die gesamte Kirche von St. Severi festlich erstrahlen kann, legt sich seit kurzem auch Gerold Ahrends mächtig ins Zeug.  Unterhalb der Orgel - auf einem zweistöckigen Gerüst - sind der Diplom-Restaurator aus Lauenburg an der Elbe und sein Team damit beschäftigt, die ausladende Empore wieder in einen würdigen Zustand zu versetzen. Staub und Dreck der vergangenen Jahrzehnte haben die augenfällige Konstruktion verblassen lassen, an einigen Stellen hat der Schimmel am Holz „genagt“. Und auch das prächtig-strahlende Blattgold fehlt nur allzu oft.  „Wir gehen hier konservatorischen Aufgaben nach“, erläutert der 49-Jährige den Einsatz in luftiger Höhe. Dabei begreift sich Ahrens weniger als Künstler, denn als Filigran-Handwerker, der den naturwissenschaftlichen Prinzipien zielgenauer Pflege und Rekonstruktion historisch wertvoller Holzobjekte, Gebäude oder Skulpturen verpflichtet ist.
Ersatzteile müssen millimetergenau nachgebildet werden
Speziallösungen müssen exakt dosiert und punktgenau aufgetragen, Ersatzteile müssen millimetergenau nachgebildet, präzise eingefügt und vorsichtig mit feinstem Blattgold verziert werden. „Präzisionsarbeit“, sagt Gerold Ahrens, als er eine Holzapplikation aufsetzt und damit eine weitere Lücke in der Empore schließt. Irmgard Kröncke, Pastor Thorsten Niehus und der weitere Vorstand des Vereins zum Erhalt der Gloger-Orgel sind auch darüber glücklich. Beim Rausgehen werfen sie interessierte Blicke aufs fortschreitende Werk. Doch stören wollen sie das Expertenteam aus Lauenburg nicht. Bis zur Wiedereinweihung des barocken Instruments sind es schließlich nur noch ein paar Tage.

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Können es kaum abwarten, dass die Gloger-Orgel erklingt (von links): Irmgard Kröncke, Vorsitzende des Vereins zum Erhalt der Gloger-Orgel Otterndorf, und ihre Mitstreiter Klaus Erbacher, Albert-Wilhelm Oest, Marianne Nitsche sowie Pastor Thorsten Niehus und Kreiskantor Kai Rudl.
Diplom-Restaurator Gerold Ahrends und sein Team haben an der Empore unterhalb der Gloger-Orgeld noch gut zu tun. Nach einer Grundreinigung müssen etliche Stellen ausgebessert oder mit Ersatzteilen vervollständigt werden.
Spezialtinkturen, Pinsel und vieles mehr - das Werkzeug der Restauratoren, das da mit größter Behutsamkeit an der Empore der St.-Severi-Kirche eingesetzt wird, ist umfangreich.
Feinschliff in schwindelnder Höhe: Gut ausgeleuchtet, können die Fachleute ans Werk gehen. Schließlich soll die Empore zum großen Wiedereinweihungsfest der Orgel wieder in ihrem ursprünglichen Glanz erstrahlen.